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Vom Trendthema zur Dringlichkeit:

Digitale Barrierefreiheit

Das Thema ist in aller Munde. Aber was versteht man eigentlich unter Digitaler Barrierefreiheit, wen betrifft sie und warum wird sie derzeit so heiß diskutiert? Erfahren Sie alles zum Thema, warum es für Sie als Webseitenbetreiber:in wichtig ist und welche gesetzlichen Vorgaben Sie ab 2025 erfüllen müssen.

Behindert ist man nicht.
Behindert wird man.

1. Was ist Digitale Barrierefreiheit?

Während sich die einen ungehindert durch das Internet bewegen, stehen viele Menschen vor unsichtbaren Hindernissen, die ihre User Experience beeinträchtigen und ihnen den Zugang zur digitalen Welt erschweren. Diese Herausforderungen – seien sie körperlicher oder technischer Natur – definieren das Konzept der digitalen Barrierefreiheit, dem Schlüssel zur Onlinewelt, in der jeder uneingeschränkt teilhaben kann.

So sind beispielsweise Sehbehinderte auf Vergrößerungsfunktionen oder Screenreader angewiesen. Gehörlose hingegen können Sprachnachrichten oder Videos mit Ton genauso wenig vollständig wahrnehmen wie Personen, die sich in lauter Umgebung wie z. B. auf einem Konzert, in einer Bar oder neben einer Baustelle befinden. Wer sich auch nur kurz in das Thema hinein denkt, merkt: Behindert ist man nicht. Behindert wird man. Und: Digitale Barrierefreiheit betrifft uns alle.

Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass Menschen Informationen und Angebote ohne Barrieren, also unabhängig von motorischen, physischen, kognitiven oder technischen Erfahrungen, Kenntnissen und Einschränkungen erhalten und nutzen können. Durch die Umsetzung wird sichergestellt, dass Assistenten, sofern benötigt, genutzt werden können und zum Beispiel durch ausreichende Farbkontraste, ausreichend große Bedienelemente und eine klare und verständliche Menüführung Websites und Apps bedienbar sind – auch ohne Maus und auf kleinen Displays durch Touch-Navigation. So wird Teilhabe und Inklusion aller Gruppen am (Online-)Leben ermöglicht und auch Shopbetreibende und Unternehmen riskieren nicht die Kaufkraft und Arbeitskraft betroffener Menschen zu verlieren.

Das Persona-Spektrum

2. Warum ist Barrierefreiheit wichtig?

Teilhabe und Inklusion gewinnen immer mehr an Bedeutung in der Gesellschaft und allen Bereichen des täglichen Lebens. Nicht nur gesetzliche Vorgaben wie die UN-Behindertenrechtskonvention oder das Behindertengleichstellungsgesetz fordern eine gleichberechtigte Teilhabe. Normen und Verordnungen verpflichten öffentliche Stellen seit 2021, ihre Onlineangebote in barrierefreier Form anzubieten.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt ab dem 28. Juni 2025 in Kraft und verpflichtet auch erstmals die Privatwirtschaft, Produkte und Dienstleistungen für Verbrauchende barrierefrei auf den Markt zu bringen. Websites und Onlineshops, mit dem Ziel (Kauf)verträge abzuschließen, müssen spätestens dann barrierefrei sein. Einzig Kleinstunternehmen sind, sofern sie Dienstleistungen erbringen, vom BFSG nicht betroffen.

Die vier Prinzipien der Barrierefreiheit

Der Stichtag 28. Juni 2025, an dem Websites und Onlineshops barrierefrei sein müssen, rückt näher – sollte aber für Unternehmerinnen und Unternehmer nicht der primäre Grund sein, über Digitale Barrierefreiheit nachzudenken: Inklusion und Teilhabe geht uns alle etwas an und wir alle sind früher oder später mehr oder weniger von Barrieren und Hindernissen betroffen. Nur 3 % aller Behinderungen sind angeboren, ein Großteil der Behinderungen und Einschränkungen erlangen wir im Laufe des Lebens, und sei es auch nur in Form einer Brille als Seh- und Lesehilfe.

Der demografische Wandel zeigt, dass die Menschen älter werden – und somit auch die Kund:innen von Websites und E-Commerce. Fehlende Barrierefreiheit riskiert, einen Großteil von Menschen mit erheblicher Kaufkraft auszuschließen. Außerdem sind verhältnismäßig viele Menschen mit einer Einschränkung online aktiv – oft ist das die einzige Möglichkeit der Ausübung von Teilhabe.

Von ausreichenden Farbkontrasten, Videos mit Untertiteln oder Schaltflächen mit ausreichend großer Klick- und/oder Berührungsfläche profitieren nicht nur direkt Betroffene: Auch schwierige Beleuchtungssituationen, eine Krankheit oder das Kleinkind auf dem Arm sorgen für Einschränkungen und stellen uns alle vor Hindernisse. Wir sehen: Von Digitaler Barrierefreiheit profitieren alle. Mehr Barrierefreiheit nützt mehr, als dass sie schadet oder Probleme schafft.

7,8 Mio. Deutsche

gelten als schwerbehindert.

3 % der Behinderungen

sind angeboren.

97 % der Behinderungen

wurden im Laufe des Lebens erworben.

78 % dieser Menschen

sind über 55 Jahre alt.

75 % der Onlineshops

sind nicht barrierefrei.

720 Mrd. Euro Kaufkraft

birgt die Zielgruppe 50Plus.

3. Herausforderungen und Lösungen:

  • 1. Farbe nicht als einziges Unterscheidungskriterium nutzen

    Farbe sollte nicht als einziges Erkennungsmerkmal erkannt werden. Signalfarben wie rot oder grün, die z. B. ein korrekt oder fehlerhaftes Formularfeld ausgefüllt haben, können von Menschen mit einer Rot-Grün-Schwäche nicht unterschieden werden. Hier sollte noch mit einer weiteren Option, wie einer Beschriftung oder einem eindeutigen Symbol gearbeitet werden (siehe auch: farbsehschwaeche.de)

    Beispielhafte Verfügbarkeitsstati, die dank Icon auch in schwarz-weiß funktionieren.
  • 2. Fehlende Bedienbarkeit

    Oft sind Websites kaum oder nur eingeschränkt z. B. per Tastatur bedienbar. Navigationspunkte lassen sich nicht auswählen oder Seitenelemente nicht bedienen, da Klick- oder Touchbereiche zu klein sind. Die "Tab-Reihenfolge", das Navigieren mit der Tabulator-Taste, wird außerdem oft falsch gesetzt oder nicht beachtet, sodass ein logisch sinnvolles Navigieren durch eine Seite nicht möglich ist. Hier profitieren Nutzende von Screenreadern oder motorisch eingeschränkte Personen genauso, von einer guten Bedienbarkeit, wie Menschen, die ein Formular ausfüllen und mit der Tabulator-Taste in das nächste Formularfeld springen.

    Formularfelder und Seitenelemente, die über Tabulator erkennbar zugänglich sind.
  • 3. Fehlende und verstecke Inhalte

    Blinde oder Sehbehinderte sind auf Vorlese-Software angewiesen und können Informationen und Inhalte nicht visuell wahrnehmen. Für sie ist es essentiell, dass die Software auf Inhalte auch zugreifen kann und diese als solche erkennt. Viele Informationen sind hinter Slidern, Akkordeons oder Pop-Up und Hover-Menüs versteckt. Ohne Informationen für den Screenreader kann die Software diese Informationen nicht erfassen und vearbeiten. Es gibt sogenannte ARIA-Attribute und -Label, mit denen interaktive Inhalte in Kontext zueinander gesetzt werden können. Dies erkennt assistative Software und kann Nutzenden die Informationen vermitteln.

    Lautsprechersymbol und Quelltext mit Hilfsattributen für Textvorleser.

Glossar

A11Y ist ein Numeronym und steht für „Accessibility”, deutsch: Zugänglichkeit. Zwischen dem A und Y von „Accessibility” befinden sich elf Buchstaben, so kam es zur Wortschöpfung. A11Y wird meist „A-eleven-Y” ausgesprochen, seltender „Ally”. Häufig wird Accessibility bzw. A11Y als Synonym für Barrierefreiheit verwendet.

ARIA ist eine Initiative der WAI, um Websites und Webanwendungen zugänglicher für Menschen mit Behinderungen zu machen, besonders wenn diese assistative Technik, wie ein Vorleseprogramm (Screenreader), nutzen. ARIA sind Attribute, mit denen Elemente Informationen erhalten, um mit Hilfsmitteln bedienbar zu werden und Inhalte bereitzustellen.

Die BITV hat das Ziel, moderne Informations- und Kommunikationstechnik barrierefrei zu gestalten und legt hierfür Standards und Anforderungen fest, die für öffentliche Stellen verpflichtend sind. Sie bezieht sich für die anzuwendenden Standards auf die Euronorm EN 301 549, die wiederum die Standards aus den WCAG referenziert.

Das BFSG ist die Umsetzung des European Accessibility Act (EAA) in nationale Gesetzgebung. Das Gesetz wurde 2022 verabschiedet und tritt zum 28.06.2025 in Kraft. Mit dem EAA sollen innerhalb der EU einheitliche Anforderungen an Barrierefreiheit gestellt werden. Das BFSG verpflichtet erstmals auch die Privatwirtschaft zu einem gewissen Maß an Barrierefreiheit. Das BFSG gilt für bestimmte Produkte und Dienstleistungen.

Die einzelnen Anforderungen in den WCAG können drei Konformitätslevel erreichen. Hiervon stellt Level A ein absolutes Mindestmaß und die niedrigste Konformität dar. In der Praxis zeigt es sich, dass mindestens Level AA erreicht werden sollte. Diese Mindestkonformität wird auch von der BITV 2.0 erwartet. Die höchste Konformitätsstufe stellt das Level AAA dar. Mit den Konformitätsleveln soll den unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Gruppen und Situationen Rechnung getragen werden.

Die WAI ist eine Initiative innerhalb des World Wide Web Consortiums (W3C), die Standards für die Zugänglichkeit von Websites und Webanwendungen entwickelt. Außerdem stellt die WAI Material und Werkzeuge zur Verfügung, mit dem Barrierefreiheit greifbar und die Umsetzung realisierbar gemacht werden soll. Neben den Richtlinien für Inhalte (WCAG) gibt es Standards für Browser (User Agent Accessibility Guidelines – UAAG) und Software, mit denen Webinhalte erstellt werden, wie HTML Editoren oder Content-Management-Systeme (Authoring Tool Accessibility Guidelines – ATAG).

WCAG ist eine Richtlinie, die angibt, wie Inhalte auf Websites barrierefrei umgesetzt und gestaltet werden. Sie wird von der WAI innerhalb des World Wide Web Consortiums (W3C), das die Standards des Webs festlegt, entwickelt. Im Kern umfasst sie die vier Bereiche Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit. In den Bereichen sind einzelne Kriterien definiert, die für ein gewisses Level an Barrierefreiheit erfüllt werden müssen. Insgesamt gibt es die Level A, AA und AAA. Die WCAG liegen aktuell in der Version 2.2 vor. Die WCAG3 wird aktuell erarbeitet, das Erscheinen der finalen Fassung wird allerdings noch Jahre dauern.

4. Unser Angebot

Analyse

Jedes Unternehmen steht beim Thema Digitale Barrierefreiheit vor ganz individuellen Herausforderungen. Unsere Experten analysieren Ihre Websites, Onlineshops und Webanwendungen und sprechen auf Basis der Ergebnisse ganz konkrete Handlungsempfehlungen aus.

Beratung

Ist Ihr Unternehmen von den gesetzlichen Anforderungen an Digitale Barrierefreiheit betroffen? Unsere Experten beraten Sie umfassend und zeigen Möglichkeiten und Chancen auf, die für Sie als Unternehmer:in in diesem Thema stecken.

Jetzt anrufen und Termin ausmachen

Veranstaltung

TALK ABOUT #1: Digitale Barrierefreiheit

Do. 04.04.2024 | 17:00 Uhr, Oldenburg

Was versteht man unter Digitaler Barrierefreiheit und warum ist sie zurzeit in aller Munde?

Warum ist sie so wichtig für alle Website-Betreiber:innen und welche rechtlichen Vorgaben gibt es schon bald zu erfüllen? NDS-Experte Markus Stahmann bringt mit seinem Impulsvortrag Licht ins Dunkel und stellt sich Ihren Fragen. PR-Referentin Sandra Neemann (OOWV) zeigt, wie das Unternehmen OOWV erfolgreich dem Thema begegnet ist und welche Take-aways sich daraus für andere Unternehmer:innen ziehen lassen.

Freuen Sie sich auf ein informatives Event in lockerer Atmosphäre und auf einen interessanten Austausch bei Getränken und Snacks im Anschluss. Sichern Sie sich jetzt einen von 30 begrenzten Plätzen!

ANSPRECHPerson

Unser Barrierefreiheit-Experte

Markus Stahmann ist Experte für Digitale Barrierefreiheit bei NEW DATA SERVICES und arbeitet seit vielen Jahren intensiv an der Verbesserung der Zugänglichkeit von Websites und Webanwendungen.

Als Betroffener einer Rot-Grün-Schwäche liegt ihm Barrierefreiheit auch persönlich am Herzen. Sie ist der Grund, warum er seine berufliche Laufbahn dieser Thematik gewidmet hat. So hat er bereits viele Unternehmen und Institutionen beraten und vor dem DFB und DFL referiert.

Markus ist Mitbegründer des Interessenverbands der Farbsehschwachen und Farbenblinden e. V. (IFFarb), in dem er aktiv auf Farbsehschwaeche.de in der Aufklärung und Information über Farbfehlsichtigkeit mitwirkt, um das Bewusstsein für Barrierefreiheit zu schärfen.

Ihre Ansprechperson
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Markus Stahmann Frontend-Entwickler, Service-Manager und Experte für Barrierefreiheit Folgen: LinkedIn
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Kontakt

In Zukunft barrierefrei

Sie interessieren sich für das Thema Digitale Barrierefreiheit? Lassen Sie uns darüber reden und in einem unverbindlichen Gespräch gemeinsam herausfinden, wie Sie als Unternehmer:in Ihre Website, Ihren Shop oder Ihre Webanwendung barrierefrei gestalten können, um die gesetzlichen Anforderungen der Zukunft zu erfüllen. Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder Ihre Mail!

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